Firma Natelberg ist regelmäßig bei den Meen von "Chance: Azubi" vertreten.

Ausbildung: 6 x Fakten statt Mythen

Wenn es um die Ausbildung im Handwerk geht, tun sich häufig Vorurteile auf. Da helfen nur Zahlen, Daten und Fakten – und die zeigen Überraschendes! Mit 6 Mythen wollen wir in diesem Beitrag aufräumen.

Über die Ausbildung in den Handwerksberufen gibt es in vielen Haushalten Vorurteile. Das Handwerk versucht mit Informationskampagnen, Messe-Auftritten und Praktikumsangeboten gegenzusteuern. Zahlen, Daten und Fakten können dabei helfen. Im folgenden Beitrag wollen wir anhand der aktuellen „Jahresstatistik 2018 für das niedersächsische Handwerk“ mit sechs gängigen Mythen aufräumen.

Mythos 1: „Ausbildung im Handwerk? Nur für Hauptschüler interessant.“

Stimmt nicht. Zwar hat jeder dritte Azubi im Handwerk einen Hauptschulabschluss, aber den weitaus größeren Anteil – mit 46,5 Prozent – stellen Jugendliche mit Realschulabschluss – also fast die Hälfte. Nicht, das ein falscher Eindruck entsteht: das Handwerk freut sich über jeden Auszubildenden. Übrigens auch über die mit Abitur.

Mythos 2: „Abiturienten machen keine Ausbildung im Handwerk.“

Stimmt auch nicht. Jeder achte Azubi im Handwerk hat die Fach- bzw. Hochschulreife. Der Anteil ist 2018 im Vergleich zu 2017 sogar leicht gestiegen. Und für Studenten, die ihr Studium abbrechen und sich neu orientieren, gibt es Projekte, die den Einstieg in eine betriebliche Ausbildung (auch im Handwerk) erleichtern.

Mythos 3: „Für Mädchen ist die Ausbildung im Handwerk nichts.“

Stimmt so auch nicht. Fast jeder fünfte Azubi (19,2%) im niedersächsichen Handwerk ist weiblich. Das ist sicher noch ausbaufähig – und viele Betriebe werben deshalb mittlerweile mit ihren weiblichen Azubis. Den höchsten Anteil weiblicher Absolventen hatte 2018 die Handwerksgruppe „Gesundheit“ mit 34,8%. Was die Erfolgsaussichten der Frauen im Handwerk angeht, äußert sich der Jahresbericht der niedersächsischen Handwerkskammern klar: „… wenn Frauen sich im Handwerk auch für bisher männerdominierte Ausbildungsberufe entscheiden, sind ihre Prüfungsaussichten ausgesprochen positiv.“ (S. 35, Jahresbericht 2018). Auch legen immer mehr Frauen die Meisterprüfung ab. Während 2017 der Frauenanteil an den abgelegten Meisterprüfungen bei 17,7% lag, ist er 2018 auf 20,2% gestiegen. Übrigens waren es 25 verschiedene Berufsbilder, in denen Frauen erfolgreich die Meisterprüfung abgelegten.

Mythos 4: „Im Handwerk brechen besonders viele Azubis ihre Ausbildung ab.“

Stimmt nicht. Der Anteil der vorzeitig gelösten Ausbildungsverhältnisse ist mit 14,3 % zwar nicht gering, aber im Vergleich mit den Lösungsquoten über alle Ausbildungsberufe, die seit langen Jahren zwischen 23% – 25% liegen (25,7% im Jahr 2017 ; BiBB, Berufsbildungsbericht 2019), schneidet das Handwerk im Vergleich deutlich besser ab. Jeder Abbruch ist einer zuviel – daher ist eine gute Berufsorientierung an den Schulen besonders wichtig.

Mythos 5: „Das Handwerk ist nicht bereit auszubilden.“

Stimmt nicht. Im Jahre 2018 wurden im Schnitt 2,9 Auszubildende pro Betrieb in Niedersachsen ausgebildet. Gemessen an der Zahl der Beschäftigten ergibt sich eine Ausbildungsquote von 8,26% im niedersächsischen Handwerk, das entspricht 44.236 Auszubildenden. Ein Vergleich: über alle Berufe in Deutschland hat das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in seinem Datenreport eine Ausbildungsquote von lediglich 4,9 % ermittelt.

Mythos 6: „Die meisten Azubis im Handwerk erlernen Bauberufe.“

Nein. Mit einem Anteil von 54% der Auszubildenden hat das Metallhandwerk mit Abstand die Nase vorn. Danach folgt der Bereich Bau mit 14,6% der Ausbildungsverhältnisse.


Bildunterschrift: Viele Handwerksfirmen suchen früh den Kontakt mit Jugendlichen, um über ihre vielfältigen Ausbidungsangebote und den Berufsalltag zu informieren. Die Firma Natelberg Gebäudetechnik aus Rhauderfehn ist auf vielen regionalen Ausbildungsmessen vertreten.

Firma Natelberg ist regelmäßig bei den Meen von "Chance: Azubi" vertreten.

Ausbildungsmesse: Handwerk nutzt „Chance: Azubi“

Im Netzwerk „Chance: Azubi“ sind 260 Unternehmen rund um das Thema Ausbildung aktiv. Auch das ostfriesische Handwerk ist bei den Messen und Projekten vertreten. Wir haben unsere Handwerksbetriebe zu ihrem Engagement befragt.

IKarin Natelberg, die das Unternehmen Natelberg Gebäudetechnik in Rhauderfehn gemeinsam mit ihrem Mann Folkert Natelberg leitet, hat bereits mehrere Auszubildende über die Ausbildungsmessen von „Chance: Azubi“ gewinnen können. „Es freut mich besonders, dass ich durch ,Chance: Azubi‘ mittlerweile fünf weibliche Auszubildende im handwerklichen Bereich gefunden habe. Im Rahmen eines persönlichen Gesprächs und eines anschließenden Praktikums kann man schnell erkennen, ob Auszubildender und Unternehmen zusammen passen“, so die Unternehmerin.

Auch Obermeister Heiner Heijen, Inhaber des Salons „artFrisör Heijen“ in Weener, weiß, dass in Zeiten, in denen es viele Jugendliche ins Studium zieht, das Handwerk neue Wege gehen muss. „Chance: Azubi“ dient dem Handwerk zur Nachwuchsgewinnung sowie zur Imagepflege. Es ist Zeit, dass das regionale Handwerk mehr in den öffentlichen Fokus rückt“, so Heijen.

„Viele Schulabgänger sind bei der Berufswahl verunsichert und überfordert. Sie wissen oft nicht, welche Aussichten sie haben oder welche
Ausbildungsberufe für sie in Frage kommen. Wir nutzen „Chance: Azubi“ dazu, Schüler auf unser Handwerk und unseren Betrieb aufmerksam zu machen und ihnen Berufe und Weiterbildungsmöglichkeiten vorzustellen“, so Obermeister Markus Leggedör von der Fleischerei Leggedör in Weener.

Dagmar Heuermann von der Firma H.-D. Heuermann GmbH in Hesel, kümmert sich aktiv um die Nachwuchsförderung der Dachdeckerinnung für Ostfriesland. Auf den „Chance: Azubi“-Messen präsentiert sie seit vielen Jahren das Dachdeckerhandwerk. „Uns ist es wichtig, den jungen Menschen in einem persönlichen Gespräch den Beruf des Dachdeckers näher zu bringen. Viele Tätigkeiten des Dachdeckerberufes sind den Schüler gar nicht bekannt, zum Beispiel dass ein Dachdecker auch Schwimmbäder abdichtet, Gründächer anlegt (welche nachhaltige Funktion so ein Gründach für unsere Umwelt auch innehaben kann), oder dass der Dachdecker auch Fassaden zum Beispiel mit verschiedenen Metallen herstellt und somit äußerst kreativ vorhandene Gebäude optisch aufwerten kann.“

Über seine Messen, die in 13 Städten im Frühjahr und im Herbst stattfinden, informiert der Verein „Chance: Azubi“ auf seiner Website. Anmeldungen sind aufgrund des schlanken Messeformats auch kurzfristig möglich, so der Verein in einer Mitteilung.

Hier finden Sie die Termine und Orte der Ausbildungsmessen von „Chance: Azubi“.

Foto:. Chance: Azubi e.V.